Dieser Beitrag wurde uns von Nighty zugesandt.
Schleierhaft
Irgendwann warst du einfach da. Irgendwo habe ich dich getroffen. Wo und wann
weiss ich nicht mehr. Aber das war auch nie wichtig. Wichtig war immer nur, dass
es dich gab und dass du bei mir warst. Nie habe ich dein Gesicht gesehen. Du
trugst immer einen schwarzen Schleier davor. Aber trotzdem fuehlte ich mich von
Anfang an zu dir hingezogen. Fuehlte mich in deiner Naehe immer sehr wohl. Du
hattest etwas Besonderes, das ich mir nicht erklaeren konnte. Vielleicht war es
ja gerade dieser Schleier, der dich fuer mich so interessant machte. Oft wollte
ich dir diesen Schleier abnehmen, um dein Gesicht zu sehen. Dir einmal in die
Augen schauen. Aber das wolltest du nicht. Du sagtest, dass der Tag kommen wuerde
an dem du ihn selbst fuer mich abnehmen wirst. Noch sei es zu frueh. Ich spuerte,
dass du Angst davor hattest, denn du warst sehr verletzlich. Ich wollte dir diese
Angst nehmen, doch ich wusste nicht wie, da ich ja nicht wusste, wo sie herkam.
Wenn ich dich danach fragte, wurdest du nur still und nachdenklich. So hoffte
ich auf die Zeit, die dir diese Angst nehmen wuerde. Doch du hattest nicht mehr
viel Zeit und dass wusste ich nicht.
Nun liegst du hier vor mir. Schoen zurechtgemacht fuer die Leute, die dich noch
ein letztes Mal sehen wollen. Du traegst immer noch diesen Schleier. Niemand hat
ihn dir abgenommen. So gerne wuerde ich jetzt dein Gesicht sehen. Dir in die
Augen schauen. Ein erstes und ein letztes Mal. Ich braeuchte dir nur den Schleier
abzunehmen. Aber das darf ich nicht. Es waere nicht fair. Ich muesste dich um
Erlaubnis bitten. Doch du kannst mir keine Antwort mehr geben.
Nun gehst du in eine andere Welt. Dort wirst du keinen Schleier mehr brauchen.
Hier durftest du von niemandem erkannt werden. Auch nicht von mir.
Ich werde oft an dich denken. Werde dein Bild vor meinen Augen haben. Ein Bild,
auf dem du einen schwarzen Schleier traegst.
Schade. So gerne haette ich einmal einem Engel in die Augen gesehen.